Das Neue Rathaus Leipzig steht exemplarisch für eine Verwaltung, die seit mehr als einem Jahrhundert den Anspruch verfolgt, Repräsentation und Bürgernähe miteinander zu verbinden – und sich dabei immer wieder neuen Herausforderungen stellt. Gesellschaftliche Umbrüche, politische Entwicklungen und der Wandel hin zu digitalen, partizipativen und flexiblen Arbeitsformen prägen heute das Selbstverständnis der Stadtverwaltung. Mit rund 9.000 Beschäftigten ist sie die größte kommunale Verwaltung Sachsens und wächst mit der dynamischen Stadtbevölkerung stetig weiter.
Im historischen Rathaus arbeiten etwa 1.000 Mitarbeitende. Der 1905 fertiggestellte Bau mit seinen weitläufigen Foyers und dem imposanten Festsaal wurde als repräsentatives „Haus der Bürger“ konzipiert. Bis heute fungiert er als identitätsstiftendes Wahrzeichen sowie als Zentrum politischer Entscheidungsprozesse, bürgernaher Dienstleistungen und kommunaler Verwaltung.
Wie lässt sich die historische Architektur mit den Anforderungen einer modernen Verwaltung vereinen? Diese Frage beschäftigt nicht nur Leipzig, sondern viele Städte gleichermaßen – und offenbart typische Spannungsfelder: Ein offenes, einladendes Rathaus, das Bürgernähe und politische Transparenz ermöglicht, steht im Spannungsbogen zu Sicherheits- und Schutzanforderungen für Mitarbeitende. Der Wunsch nach hellen, flexiblen Arbeitsumgebungen trifft auf denkmalgeschützte Strukturen, und das Streben nach Teilhabe muss mit den Regeln des Denkmalschutzes in Einklang gebracht werden.
Um ihre Verwaltungsstrukturen zukunftsfähig aufzustellen, entwickelte die Stadt Leipzig eine Strategie zur Einrichtung von Verwaltungszentren. Ziel war es, zusammengehörige Aufgaben räumlich zu bündeln und ein einheitliches Konzept für die Büronutzung zu schaffen.
Darauf aufbauend beauftragte die Stadt uns und HPP Architekten mit einer Machbarkeitsstudie. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie sich Offenheit und Sicherheit, moderne Arbeitsweisen, Barrierefreiheit und Denkmalschutz miteinander vereinbaren lassen.
Zwischen 2023 und 2025 entstand daraus ein umfassendes Strategiepapier, das der Kommune als Grundlage für die schrittweise Umsetzung der entwickelten Maßnahmen dient.
Neues Rathaus Leipzig, Zielbilder © M.O.O.CONDen Auftakt der Studie bildete eine detaillierte Bestandsanalyse, die der Stadtverwaltung eine einheitliche Datengrundlage für alle weiteren Planungsschritte lieferte. Ergänzend wurde ein digitales 3D-Modell erstellt, das die Gebäudeorganisation, Belegung und Sanierungsmaßnahmen visualisiert und die Kommunikation sowohl intern als auch extern erleichtert.
Auf Basis dieser Analyse wurden Prioritäten und Zielbilder festgelegt – von der bürgernahen Wirkung und touristischen Präsenz bis hin zu Sicherheitskonzepten und der Neustrukturierung von Funktionen und Nutzungen. Darauf aufbauend entwickelten die Teams konkrete Maßnahmen, prüften diese baulich-technisch und stimmten sie mit den denkmalpflegerischen und brandschutztechnischen Anforderungen ab.
Die Umsetzung wurde praxisnah vorbereitet: Unterschiedliche Varianten mit variierendem Eingriff in die Gebäudesubstanz sowie Kostenschätzungen für die Maßnahmenpakete unterstützen die Entscheidungsfindung und kommunale Haushaltsplanung. So lassen sich die Maßnahmen sinnvoll in den bestehenden Sanierungs- und Instandhaltungszyklus einfügen und eine Umsetzung im laufenden Betrieb koordinieren.
Mit dieser Machbarkeitsstudie verfügt die Stadt Leipzig nun über eine fundierte Grundlage, um Sicherheit, Zusammenarbeit, modernes Arbeiten, Orientierung und Barrierefreiheit erfolgreich umzusetzen.
Neues Rathaus Leipzig, 3D Arbeitsmodell © HPP ArchitektenMit dem Neuen Rathaus kann Leipzig als Beispiel für andere Kommunen dienen, die historische Gebäude für eine moderne Verwaltung nutzbar machen möchten. Eine effiziente und zeitgemäße Nutzung ist möglich und leistet zugleich einen wertvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Aufwendige Neubauten sind nicht immer erforderlich, um spürbare Veränderungen im Arbeitsalltag zu bewirken. Vielmehr entfalten gezielte Maßnahmen, die im Einklang mit dem laufenden Instandhaltungsprozess umgesetzt werden, eine große Wirkung.
Langfristige Ziele und klar definierte Schritte – wie sie in der Machbarkeitsstudie erarbeitet wurden – bilden dabei die Grundlage. Die Umsetzung dieser Strategie bleibt spannend zu verfolgen.

